Frisch gekürte Arbeitsexperten

Von links nach rechts:  Herr Höllfritsch und Steffi Ruf (Kinderhaus Nürnberg), Frau Persich und Manuela Erlbacher (Erler Klinik), zwei Mitarbeiter/innen von ACCESS, Manuel Reiter (Fa. Sontheimer), Christine Leheis (Reitstall Marienberg), Lesley-Ann Graf mit Herrn und Frau Imhof (Bäckerei Imhof) und Tiago Graf (Fa. Psyma. )
Von links nach rechts: Herr Höllfritsch und Steffi Ruf (Kinderhaus Nürnberg), Frau Persich und Manuela Erlbacher (Erler Klinik), zwei Mitarbeiter/innen von ACCESS, Manuel Reiter (Fa. Sontheimer), Christine Leheis (Reitstall Marienberg), Lesley-Ann Graf mit Herrn und Frau Imhof (Bäckerei Imhof) und Tiago Graf (Fa. Psyma. )

Menschen mit Behinderung als Mutmacher bei der beruflichen Inklusion.  

„Als Arbeitsexperte kann ich anderen Menschen mit Behinderung, Arbeitgebern und auch Fachleuten erklären, dass wir sehr gut im ersten Arbeitsmarkt arbeiten können“ berichtet Tiago Graf stolz.  Der junge Mann hat das Down-Syndrom und arbeitet regulär angestellt als Bürohelfer in einem Unternehmen in Lauf. Unterstützt wurde er auf seinem Weg in Arbeit von der gemeinnützigen  ACCESS-Integrationsbegleitung, die Menschen mit Behinderung hilft, im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Mehr als 500 Menschen mit Handicap, davon viele  Menschen mit sog. Lernschwierigkeiten,  konnten in den letzten Jahren nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt in enger Zusammenarbeit mit aufgeschlossenen Arbeitgebern in der Region integriert werden. Ziel erreicht - könnte man meinen. Doch weit gefehlt, denn die Mitarbeitenden von ACCESS erkannten immer wieder, wie wenig Angebote an berufsbegleitenden Weiterbildungen es gibt, die für den Personenkreis verständlich sind. Während es für andere Arbeitnehmer ohne Probleme möglich ist, sich beruflich weiter zu bilden, scheitert eine Weiterbildung bei Menschen mit Lernschwierigkeiten oft an den hohen kognitiven Anforderungen. Ohne entsprechende Unterstützung können sie kaum mit anderen Fortbildungsteilnehmern Schritt halten. So entstand die Idee, ein eigenes Projekt zu beantragen mit dem Namen „Karriereplanung Inklusive“, finanziert aus Mitteln der Ausgleichsabgabe.  

Die Bildungscoaches von ACCESS bieten in dem Projekt drei verschiedene berufsbegleitende Dienstleistungen an. Die Weiterbildung zum Arbeitsexperten, eine Fortbildungsreihe „Fit im Job“ und die Begleitung bei individuellen Weiterbildungen bei regulären Fortbildungsanbietern.

Die erste Weiterbildung zum Arbeitsexperten begann im September 2015 und endete im Januar 2016. In fünf verschiedenen Modulen setzen sich die Teilnehmer/innen mit ihrem eigenen beruflichen Werdegang auseinander, reflektierten anhand ihrer eigenen Geschichte Erfolgsfaktoren, aber auch schwierige Momente und was ihnen geholfen hat. Sie setzten sich damit auseinander, was es bedeutet ein Arbeitsexperte zu sein und wie sie andere motivieren können, an sich zu glauben und Unterstützung anzunehmen. Stimmtraining und das Sprechen vor Gruppen rundeten die Fortbildung ab. Der Einsatz hat sich gelohnt, erste Erfahrungen als Arbeitsexperte konnten bereits gewonnen werden. So fuhren drei Arbeitsexperten mit ihrem Bildungscoach nach Baden-Württemberg und gestalteten einen 3stündigen Workshop mit Fachkräften der beruflichen Inklusion. Redegewandt und souverän beeindruckten sie ihr Publikum und bekamen sehr gute Rückmeldungen zu ihrem gelungenen Auftritt. Demnächst steht der nächste Auftrag an: Mitarbeitende einer Bank haben sich zum Perspektivenwechsel angemeldet und werden einen Tag bei verschiedenen Arbeitsexperten in deren Betrieb hospitieren, um die Aufgabenbereiche der Arbeitsexperten  kennenzulernen und sich über deren beruflichen Weg zu informieren.  Möglich ist das nur, weil auch die Arbeitgeber der Arbeitsexperten offen sind für die Inklusionsidee und ihre betrieblichen Türen öffnen. Und nicht nur das: Das besondere Interesse wurde auch bei der Abschlussveranstaltung deutlich. Ist es doch nicht selbstverständlich, dass Arbeitgeber zur Zertifikatsübergabe ihrer Mitarbeiter kommen, statt den wohlverdienten Feierabend zu genießen. Die frisch gekürten Arbeitsexperten waren umso stolzer und bekräftigten, dass sie durch die Weiterbildung mehr Selbstbewusstsein bekommen hätten und nebenbei bei den verschiedenen Modulen auch noch jede Menge Spaß hatten.  

Der zweite Dienstleistungsbereich von „Karriereplanung Inklusive“  ist die Fortbildungsreihe „Fit im Job“. Insgesamt 11 Teilnehmer/innen mit Behinderung, die bereits seit vielen Jahren im ersten Arbeitsmarkt beschäftigt sind,  setzten sich berufsbegleitend mit ihren sozialen Kompetenzen auseinander und entwickelten diese weiter. Sie erfuhren, was gute Kommunikation bedeutet, wie mit Konflikten lösungsorientiert umgegangen werden kann und lernten verschiedene Stressbewältigungsstrategien kennen.  

Die dritte Säule von „Karriereplanung Inklusive“ bietet individuelle Fortbildungen an. Diese finden bei regulären Weiterbildungsanbietern statt und werden eng durch  Bildungscoaches begleitet. Referenten werden z. B. für die behinderungsbedingten Bedarfe sensibilisiert, die Bildungscoaches können – sofern es erforderlich ist - während der gesamten Fortbildung anwesend sein und den Lernstoff in einfache Sprache übersetzen und nachhaltig reflektieren.  Auch der Praxistransfer in den Betrieb wird durch die enge Zusammenarbeit mit den Betrieben gewährleistet. So konnte z. B. ein Teilnehmer ein Verkaufstraining absolvieren und so seine Kompetenzen in diesem Bereich erheblich steigern.

Sowohl die Teilnehmenden an der Reihe „Fit im Job“ als auch die „Arbeitsexperten“ haben die Weiterbildung in ihrer Freizeit absolviert. Wer jetzt noch denkt, dass Menschen mit Behinderung weniger motiviert und nicht einsatzbereit sind, wird spätestens jetzt eines Besseren belehrt.

Der Fachdienst ACCESS Integrationsbegleitung gGmbH mit Sitz in Erlangen, Nürnberg und Bamberg würde sich sehr über Spenden freuen, damit die Arbeitsexperten zukünftig für ihre tolle ehrenamtliche Arbeit eine kleine Aufwandsentschädigung erhalten könnten. Spenden bitte an Sparkasse Erlangen: IBAN: DE 41 7635 0000 0051 00 7777, BIC BYLADEM 1ERH.